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Woche #10

Moderne Wohnbauten

Gebaut wird in Hamburg an jeder Ecke. Das Ziel ist, den Mangel an Wohnungen so schnell wie möglich zu minimieren. Das führt dazu, dass zu häufig schnell oder zu wenig durchdacht gebaut wird. Doch was sind moderne Wohnbauten, an denen man sich orientieren kann? Wie soll Architektur in Zukunft aussehen? 

Die Antworten gibt es in Hamburg an zu wenigen Stellen. Zu häufig wird die Idee der zukunftsorientierten Stadt nur formuliert, aber nicht umgesetzt. Weil die Rendite stimmen muss, weil Preise steigen und auch weil die Stadt ihren Grund zu teuer verkauft. Das sind nur drei Gründe von vielen. 

Eine hochwertige und durchdachte Architektur, die nicht luxuriös ist, sollte ein Ziel sein. Dazu benötigt man ambitionierte Investor*innen, kreative Architekt*innen und waghalsige Bauherren und -frauen. 

Wir sind auf die Suche gegangen und haben ein großes Spektrum von inspirierender Architektur gefunden. 

Diese Auswahl möchten wir gern mit der Frage „Wie sieht moderne Architektur aus?“ zur Diskussion stellen. Entsprechende Kommentare können unter dem jeweiligen Beitrag auf unserem Instagram-Account hinterlassen werden. 

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Strandkai Fiftynine

Üblicherweise wird beim Entwerfen eines neuen Gebäudes auf die direkte Umgebung Bezug genommen. Doch was macht man, wenn ringsum alles neu ist oder noch gar nicht gebaut? 

In solchen Momenten kann man sich nur auf die eigenen Werte und Ideen konzentrieren. Und sich vielleicht doch ein bisschen an dem erst 13 Jahre alten Wohnturm Marco-Polo-Tower direkt daneben orientieren. Aber auch ein wenig an den Kreuzfahrtschiffen, die direkt daneben festmachen. Denn am Fiftynine hat jede Etage umlaufende Balkone, auf denen man sich den Wind um die Nase wehen lassen kann. 

Bei dem Wohnturm, entworfen von Hadi Teherani Architects, drehen sich einige Etagen, schieben sich nach innen. Auch sind einige Gebäudeecken abgerundet. Alles zusammengenommen ergibt das einen Rhythmus, bei dem das Gebäude scheinbar die Hüften schwingt. 

Rendering: CADMAN für Dahler & Company

Architektur: Hadi Teherani  www.haditeherani.com
Standort auf www.mapofarchitecture.com  

 

Denickestraße

Die Denickestraße umfasst einen Teil von Heimfeld, einem südlich der Elbe liegenden Stadtteil von Hamburg, nahe der TU Hamburg-Harburg. An einer Stelle, an der die Straße einen Bogen vollzieht, liegen die 2019 fertiggestellten Wohnbauten. 

Die Wohnhäuser direkt an der Straße, vom Büro Renner Hainke Wirth Zirn (RHWZ) entworfen, bedienen sich offensichtlich an den Typologien, wie sie schon in der Jarrestadt verwendet wurden. Eine auffällige Ähnlichkeit zeigt sich zu dem von Richard Ernst Oppel entworfenen Block an der Hölderlinstraße, mit ebenfalls einer leichten Biegung. 

Besonders schön ist, dass bei den Neubauten in der Denickestraße auch wieder Wert auf eine besondere Gestaltung mit Backstein gelegt wurde. Wohltuend schmücken die horizontalen Bänder zwischen den Fenstern sowie Raster von vor- und zurückspringenden Steinen auf dekorative Art die Fassade. Damit ergänzen sie die Gestaltung mit heller Steinumrahmung, wie sie für die an den Ecken liegenden Loggien eingesetzt werden. Die Neubauten bilden damit ein durchdachtes und modernes Ensemble mit Verbindung zu den Anfängen des Wohnbaus in Hamburg. 

Foto: Jochen Stüber

Architektur: Renner Hainke Wirth Zirn  www.rhwzarchitekten.de 
Standort auf www.mapofarchitecture.com  

Drei Schwestern

In den 1960er Jahren galt die Maxime der „aufgelockerten Stadt“. Gebäuderiegel und Punkt(hoch)häuser wurden in relativ großem Abstand auf dem Bauplatz verteilt. So auch hier, an der nördlichen Seite entlang der Straße Reeseberg. An der Ecke Wasmerstraße, Reeseberg befand sich ein zweigeschossiger Flachbau mit Gewerbeflächen. 

An der Stelle des Flachbaus wurde nun mit einem modernen Wohnungsbau das aufgelockerte Ensemble passend verdichtet. „Drei Schwestern“ nennen sich die Neubauten vom Architekturbüro Renner Hainke Wirth Zirn (RHWZ) aus Hamburg. 

Die drei Gebäude besetzen mit ihrer interessanten Form auf lockere Art die Straßenecke. In der Höhe nehmen sie die der Gründerzeithäuser gegenüber auf und vermitteln zu den Punkthochhäusern. Auch bildet sich ein kleiner Platz in Richtung des nahestehenden Hochhauses. Mit Form, Fassadengestaltung und der Anordnung zeigen sie der Umgebung, wie modernes Bauen aussehen kann. 

Foto: Stephanie Brinkkoetter

Architektur: Architektur: Renner Hainke Wirth Zirn  www.rhwzarchitekten.de 
Standort auf www.mapofarchitecture.com 

Pergolenviertel

Das Schweizer Stadtplanungsbüro E3A haben dem Pergolenviertel eine markante Formsprache aufgedrückt. Die bei jedem Baufeld wiederkehrenden Bögen halten den neuen Hamburger Kiez zusammen und bringen ein Gemeinschaftsgefühl mit. 

Das Hamburger Büro Spine Architects nimmt die Vorgaben kreativ auf und schafft mit seiner Fassadengestaltung eine Eigenständigkeit. Die Klinker werden einem Schachbrettmuster ähnlich, mal leicht herausgezogen, mal leicht zurückversetzt. Dort wo sich ein Treppenhaus befindet, wird das Muster durch weggelassen von Klinkersteinen fortgeführt um innen eine dezente, natürliche Beleuchtung zu erhalten. 

Die Anordnung von Innenhöfen, wie sie im Pergolenviertel angelegt sind, gehen auf die Städteplanung unter Fritz Schumacher aus den 1920er Jahren zurück. Ein Beispiel dieser Planungen ist die Jarrestadt. Diese Idee wird im Pergolenviertel modern interpretiert und schafft Innenhöfe, die zwar frei zugänglich sind, aber trotzdem eine urbane Privatheit zulassen. Über die Jarrestadt und die Entwicklung des Wohnbaus in Hamburg finden sich interessanter Überblick unter dem Titel „100 Jahre Wohnen“ hier

Foto: Spine Architects

Architektur: Spine Architects  www.spine-architects.com
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Harvestehuder Weg

Elegant schieben sich die beiden Luxus-Apartmenthäuser in den seichten Pöseldorfer Hang. Was nebenan im schicken Stadtteil gerade so läuft, ist ziemlich egal, denn hier geht es um was ganz anderes. Die einzige Hauptrolle spielt an der Stelle die Außenalster. 

Mit klarer horizontaler Linienführung gliedern sich die beiden Gebäude. Die weiße Fassade nimmt den Stil der meisten Häuser aus der Nachbarschaft auf und adaptiert diese in die moderne Zeit mit einer mondänen Attitüde. Zur Alster ausgerichtet findet sich fast nur Glas, nichts soll den Blick auf die Alsterwiese und das Wasser verstellen. Jedes der beiden Gebäudeteile wird in der Mitte geteilt. Zum einen als Tragstruktur, damit weitgehend freie Sicht herrscht, zum anderen um pro Etage zwei Wohneinheiten zu ermöglichen. 

Damit keine störenden Markisen oder ähnliches angebracht werden müssen, sind in der jeweiligen Balkonüberdachung schon Lamellen für einen effektive Verschattung eingebaut. Diese schützen zudem vor den neugierigen Blicken der darüberliegenden Nachbarn. Denn am liebsten will man sich hier wie in der eigenen Luxusvilla fühlen. 

Foto: Jörg Hempel

Architektur: Hadi Teherani Architects  www.haditeherani.com 
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Friedensallee 94

Etwa 350 Meter weiter rattert und knattert es am Standort Kolbenhöfe, wo in den nächsten Jahren über 670 Wohnungen entstehen sollen. Hier an der Friedenallee 94 geht es dagegen arbeitsam und viel ruhiger zu. Eventuell liegt dies auch an dem vielen Holz, was hier verbaut wurde. 

Geknattert hat es hier vielleicht früher mal, wenn ein altes Motorrad aus einer der Garagen geschoben wurde und nach dem Winterschlaf mit ein paar Fehlzündungen auf sich aufmerksam gemacht hat. Dann ist der Versicherungsvertreter im Flachbau an der Straße eventuell auch mal kurz vor Schreck vom Bürostuhl gefallen. 

Den eingeschossigen Flachbau und die dahinterliegenden Garagen gibt es nicht mehr. Stattdessen füllt nun langsam ein Wohnbau in Holzhybridbauweise diesen Platz. Mehrmals geknickt, mit einigen Vor- und Rücksprüngen und nach sich nach hinten verjüngend schiebt sich die Grundform wie ein edler Maßanzug in die Baulücke. Das passt nicht nur, sondern zeigt, wie modernes Bauen mit Holz diesen Stadtteil langsam durchwachsen könnte. Ein großartiger Gegenentwurf zu den Kolbenhöfen, von dem man sich nur wünschen kann, dass davon mehr entstehen – in Ottensen und in ganz Hamburg. 

Rendering: Architekturbüros

Architektur: Spine Architects  www.spine-architects.com 
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Hafentor 7

Hanglage gibt es in Hamburg eher selten. Zwischen den Hamburger Landungsbrücken und dem Venusberg türmt sich dann doch ein kleiner Berg auf. Ein Umstand, der im Hamburg sogleich genutzt wird, für das wohl nördlichste Weinanbaugebiet Europas. Wenige Metern Rebstock stehen am Südhang über der U-Bahn Haltestelle. Weiter unten in der Straße Hafentor war bis 1909 das Stadttor zu St. Pauli, seit neuestem prägt ein markanter Wohnungsbau die Ecke. 

Dieser Neubau schlängelt sich auf eine kantige Art den Hang entlang. Die horizontalen Klinkerbänder, an einem Teil der Fassade, wirken ein wenig wie Höhenlinie auf einer Wanderkarte und damit wie die Fortführung des natürlichen Hangs. Auf der Hangseite findet man zudem fächerartige Rücksprünge. Durch diese entstehen terrassenartige Freiflächen, auf denen die Bewohner*innen die Abendsonne genießen können. Irgendwann, wenn die Sommersonne ganz niedrig steht, werfen die vorbeifahrenden Züge der Hochbahn einen hektisch vorbeiziehenden Schatten auf die Sonnenplätze. 

Fast die Hälfte der Wohnungen sind gefördert. Im ersten und zweiten Stockwerk ist eine Einrichtung für betreutes Wohnen untergebracht, die viel Fläche für den täglichen Austausch untereinander bietet. Wer es trubelig mag, geht einfach in die Ditmar-Koel-Straße, gleich nebenan, mit ihren vielen Restaurants und Cafés mit portugiesischen Natas. 

Foto: Arne Mayntz

Architektur: DFZ Architekten  www.dfz-architekten.de 
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Lincolnstraße

Ein paar Straßen weiter gibt es Micro Apartments zu Hauf. Mit denen haben die in der Lincolnstraße, entworfen von Beissert und Gruss, jedoch rein gar nichts zu tun. Das Architekturbüro steht viel mehr für hochwertigen und ambitionierten Wohnungsbau, bei dem man immer wieder auf feinfühlige Raffinesse stößt. 

Der Bauplatz liegt zwischen Reeperbahn und Hein-Köllsch-Platz. Wer heute hier vorbeifährt, sieht gleich, dass an der Stelle nach dem Bombenhagel, während des Zweiten Weltkriegs, wohl nichts mehr zu retten war. Da in Hamburg inzwischen fast jede Baulücke ausgecheckt ist, war klar, dass hier ebenfalls bald gebaut wird. 

Zeitgeist, Stadtteil und der enge Bauplatz drängen schier dazu, an diesem Ort kleinteiligen Wohnungsbau zu planen. Für die meisten Auswärtigen sicher unvorstellbar, keine 100 Meter von der Reeperbahn entfernt zu wohnen. Aber schon in den 1970er und 80er Jahren wurde in St. Pauli viele Wohnungen für Familien gebaut. Den ein Stadtteil lebt durch einen guten Mix, am besten durch alle Gesellschaftsschichten. Dafür braucht es nicht nur goldene Maserati, sondern eben auch 10 Jahre alter Polos. 

Wo sich der Lückenschluss von diesem Architekturbüro am Ende wiederfindet, wir sind neugierig und melden uns schon mal für eine Führung durch das fertige Haus an. 

Rendering: Beissert + Gruss Architekten

Architektur: Beissert + Gruss Architekten  www.beissertgruss.de
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Über uns

Bauwerke prägen unsere Umwelt wie kaum etwas anderes. Doch welche klugen Köpfe stecken hinter den Gebäuden? Mit „Map of Architecture“ bringen wir hier Licht ins Dunkel. In Hamburg sind die Angaben von mehr als 12.000 Häusern verfügbar, in anderen Städten gibt es erste Einträge, z.B. in Kopenhagen.