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Kontorhausviertel

Das Kontorhausviertel ist, zusammen mit der Speicherstadt, Hamburgs UNESCO-Weltkulturerbe. Um die Entstehungsgeschichte des heutigen Viertels zu beleuchten, muss man mehrere Aspekte betrachten.

Da ist zum einen die verheerenden Choleraepidemie von 1892, die durch die Hamburger Gängeviertel und die dortigen schlechten hygienischen Bedingungen begünstigt wurde. Ein Teil der Gängeviertel lag im Bereich des Kontorhausviertels. Durch den Abriss der dicht-an-dicht stehenden Wohnhäuser, verloren mehr als 20.000 Menschen ihr Zuhause. Ein weiterer wichtiger Grund ist der Zollanschluss Hamburgs infolgedessen der Hafen massiv ausgebaut wurde. So passte es geradezu perfekt, dass man hier nun die dazugehörigen Kontorhäuser, für die im Hafen tätigen Unternehmen, errichten konnte.

Fritz Schumacher, damals Stadtbaudirektor, verfolgte die Idee einer strikten Trennung von Gewerbe- und Wohngebieten. Obwohl Anfangs noch weit mehr Wohnungen angedacht waren setzte Schumacher seine Idee der Nutzungscluster durch. Die neuen Bürobauten wurden so konstruiert, dass die Innenräume flexibel aufgeteilt und immer wieder an die Bedürfnisse neuer Mieter angepasst werden konnten. Ein Gedanke der bei modernen Bürogebäuden noch strenger eingefordert und umgesetzt wird.

So kann man sagen, dass neben der besonders aufwendigen Ausführung und der Lage also auch die Flexibilität der Räume ein Grund dafür ist, dass die Gebäude heute noch so gern genutzt werden.

Die Aufwendige Gestaltung der Bauwerke mit vielen schmückenden Elementen ist dem angekratzten Selbstbewusstsein der Deutschen nach dem ersten Weltkrieg geschuldet. Man fühlte sich z.B. durch die hohen Reparationszahlungen von der Welt betrogen und zurückgesetzt. Als die Wirtschaft in den 1920er Jahren wieder Fuß zu fassen begann, wollte man das auch zeigen. Im Kontorhausviertel führte das zu einer ausgesprochen modernen und selbstbewussten architektonischen Ausdrucksform, dem Backsteinexpressionismus.

Miramar-Haus

Miramar ist spanisch und bedeutet Meeresblick. Aber wie kam das Gebäude zu diesem Namen obwohl es noch nicht mal Elbblick hat?

Es war schlicht der Name der Handelsgesellschaft, die sich hier Anfang der 1920er Jahre ihren neuen Firmensitz errichten ließ. Damals war dieses Gebiet eine große Baustelle, denn auch einige umliegenden Gebäude, wie das Chilehaus, wurden gerade gebaut.
Anders als bei dem berühmten Nachbarn wurde bei diesem Gebäude nicht ausschließlich auf Klinker als Fassadenmaterial gesetzt. Neben der markant abgerundeten Ecke sticht auch der untere, verputzte Teil der Fassade heraus. Diesen schmücken viele dekorative Elemente. Der Eingangsbereich wird von mehreren Figuren gerahmt. Die, wie an so vielen Stellen auch hier, von einem alter Freund Schumachers gestaltet wurden, Richard Kuöhl.
 
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Montanhof

Die zackige Ecke ist eines der Markenzeichen dieses Gebäudes. Geplant wurde das Kontorhaus für Komrowski. Das Unternehmen „macht" in Schifffahrt und Handel.

Zwei Jahre nach Gründung zog Komrowski in den Montanhof, der bis heute Hauptsitz des Unternehmens ist. Der Name „Montan" bezieht sich auf das erste eigene Schiff des Unternehmens, welches 1923 zur Jungfernfahrt in See stach. Schiff ahoi!
 
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Niedernstraße 10

Das Haus in der Niedernstraße 10, direkt neben dem Montanhof, wurde 1926 fertiggestellt. Es zeichnet sich vor allem durch seinen Backstein-Expressionismus aus und fügt sich damit in die umliegende Bebauung ein. Besonders expressionistisch ist der obere Abschluss des Gebäudes ausgefallen. Dort stuft sich die Fassade schrittweise zurück, und verleiht dem Bauwerk damit eine gewisse Leichtigkeit.

Das Gebäude wurde von Post genutzt. Vermutlich sind aus dieser Zeit auch die großen Adler-Figuren über den Eingängen. Der Adler war lange Zeit Teil des Logos der deutschen Postämter und bezieht sich auf den Vorläufer die Kaiserliche Reichspost. Zusammen mit der Natursteineinfassung werden damit die Eingänge besonders hervorgehoben.
 
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Sprinkenhof

Der Sprinkenhof war nach Fertigstellung des dritten Bauabschnittes 1943 das größte Bürogebäude Europas. Anfangs waren hier auch mal Wohnungen vorgesehen, doch das wurde nie umgesetzt. Der erste, mittlere Bauabschnitt wurde übrigens schon 1928, also vier Jahre nach dem Chilehaus fertiggestellt.

Seinen Namen hat das Gebäude von Johann Sprink der 1384 das Grundstück vom Domkapitel erwerben konnte und darauf eines der, oben beschriebenen und später abgerissenen, Wohngebäude baute.

Von vielen wird der Sprinkenhof dem Architekten Fritz Höger zugeordnet. Das stimmt jedoch nur zu einem kleinen Teil. Die Verfasser der Entwürfe für den ersten und zweiten Bauabschnitt waren die jüdischen Architekten und Brüder Hans und Oskar Gerson. Während der Errichtung des zweiten Bauabschnittes starb einer der Brüder. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 wurden zahlreiche jüdischen Mitbürger mit Berufsverbot belegt, so auch Oskar Gerson. Daher wurde für den letzten Bauabschnitt Fritz Höger beauftragt. Höger war schon 1932 in die NSDAP eingetreten und gilt heute als ein glühender Verehrer Adolf Hitlers und bekennender Antisemit. Da Höger nur den letzten Teil geplant hat, sind also viel mehr die Gerson Brüder als stilbildende Architekten des Sprinkenhofs zu nennen.

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Chilehaus

Das Chilehaus ist die unbestrittene Ikone das Kontorhausviertels und wohl eines der bekanntesten Gebäude Hamburgs. Bauherr war Henry B. Sloman der sein Vermögen durch den Abbau und Handel von Salpeter in Chile machte. Der Abbau in Chile fand unter unmenschlichen Bedingungen statt. Da es damals schon ein Sloman-Haus in Hamburg gab (nähe Baumwall) und Sloman dem Land viel zu verdanken hatte, bekam das Gebäude den Namen Chilehaus. Wie heute auch, diente der Name der besseren Vermarktung der Büroflächen. Das Gebäude war bis 1990 im Besitz der Familie Sloman.

Die Fassade wurde im Stil des Backsteinexpressionismus ausgeführt. Einen großen Anteil an der Wirkung hat der besonders unregelmäßig gebrannte Klinker in Kombination mit den aufwendig gemauerten Formen. Durch diese Details in der Fassade wird das recht große Bauwerk optisch etwas aufgelöst und wirkt damit weniger massiv. Der zur extremen Spitze ausgeführte westliche Gebäudeabschluss wirkt zudem verschlankend.

Heute ist bekannt, dass genau diese Spitze die sehr positive Meinung über das Chilehaus geprägt hat. Dies geht auf die spektakuläre und die Gebäudespitze überzeichnende Bilder der Fotografen Carl und Adolf Dragsfeld zurück. Die Aufnahme wurde schon kurz nach Fertigstellung in vielen Zeitschriften publiziert. Viele Kritiker*innen kannten das Haus nur von diesen überspitzten Darstellungen und waren begeistert. Aber auch wenn das Gebäude in Wirklichkeit etwas weniger spektakulär ist als auf den damaligen Fotos, so ist es doch immer noch ein Vorbild dafür, welche Möglichkeiten in der Gestaltung von Architektur liegen.
 
Dir kommt der Namen Sloman bekannt vor? Dann hast du unsere Artikel aufmerksam gelesen. Denn Henry B. Sloman (Bauherr des Chilehauses) war Großneffe des Reeders Rob. M. Sloman über dessen Villa am Alsterufer wir hier berichtet haben.
 
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Unterstützung

Unsere Veröffentlichungen zum Tag des offenen Denkmals werden von der Stiftung Denkmalpflege unterstützt. 
www.denkmalstiftung.de

Eine Übersicht aller Veranstaltungen in Hamburg finden sie hier (PDF)

Über uns

Bauwerke prägen unsere Umwelt wie kaum etwas anderes. Doch welche klugen Köpfe stecken hinter den Gebäuden? Mit „Map of Architecture“ bringen wir hier Licht ins Dunkel. In Hamburg sind die Angaben von mehr als 12.000 Häusern verfügbar, in anderen Städten gibt es erste Einträge, z.B. in Kopenhagen.